Steuerberater und Anwälte werben dafür, dass Unternehmer sich frühzeitig um ihr Testament kümmern und alle notwendigen Vollmachten erteilen, damit im Notfall das Unternehmen handlungsfähig bleibt.
Was aber, wenn der Unternehmer / die Unternehmerin sich konsequent diesem Thema entzieht? Mir sind in letzter Zeit einige Fälle begegnet, in denen der Unternehmer bei einer tödlichen Krankheit bis zum Schluss geglaubt hat, dass er überlebt – und dann ohne jegliche Regelung gestorben ist.
Wenn ein Testament fehlt
Ohne Testament gilt die gesetzliche Erbfolge. Es erben also der Ehepartner und die Kinder. Gibt es keine Kinder, erben neben dem Ehepartner die Eltern des Verstorbenen. Die Erben bilden zusammen eine Erbengemeinschaft. Prinzipiell trifft die Erbengemeinschaft ihre Entscheidungen einstimmig.
Die Erbengemeinschaft setzt sich also meist aus sehr unterschiedlichen Menschen zusammen, die noch dazu häufig unterschiedlichen Generationen angehören. Diese Menschen trauern um den gestorbenen Angehörigen. Sie müssen sich gleichzeitig damit auseinandersetzen, ob und wie das Unternehmen fortgeführt wird – und sie müssen sich darüber einig werden, bevor Entscheidungen getroffen werden. Außerdem gibt es auch noch das Umfeld, also zum Beispiel Eltern des Verstorbenen, die vielleicht mitreden möchten, selbst wenn sie nicht geerbt haben (oder gar, weil sie nicht geerbt haben, und es ungerecht finden, dass das ungeliebte Schwiegerkind das Familienunternehmen erbt). Viel Konfliktstoff, sehr viele Emotionen.
6 Wochen Zeit hat man, um sich zu entscheiden, ob man die Erbschaft annimmt oder ausschlägt, ob man also wirklich Erbe sein möchte oder aufs Erbe verzichtet. Um diese Entscheidung sinnvoll treffen zu können, muss man erst einmal herausfinden, wie die wirtschaftliche Lage des Nachlasses ist. Je nach Zustand der Buchhaltung kann das schwierig sein. Außerdem kann das Unternehmen natürlich nicht so lange ohne Führung bleiben; häufig fällt die Entscheidung darüber, dass man fortführt, also sehr viel schneller.
In dieser Situation – Trauer, möglicherweise Konflikt, auf jeden Fall Zeitdruck – kommt es darauf an, sich schnell die richtigen Berater zu suchen. Es ist sehr hilfreich, wenn man alle Fragen mit einem professionellen Ansprechpartner besprechen kann, der nicht selbst betroffen ist, und der in komplizierten Situationen den Überblick behält.
Wichtig ist, dass der Erbe / die Erbin sich bewusst macht, dass es völlig normal ist, dass in solch einer Lage der Weg holprig ist. Es handelt sich um eine Ausnahmesituation und es ist sehr unwahrscheinlich, dass man sich in dieser Ausnahmesituation ausgeglichen und entspannt fühlt. Akzeptiert man dies und passt die eigene Erwartungshaltung daran an, reduziert das den Stresslevel sehr.
Wie weist man nach, Erbe geworden zu sein
Mit dem Tod geht das Unternehmen in der Regel automatisch auf den Erben oder die Erbengemeinschaft über. Es gibt ein paar Sondersituationen, wenn der Gesellschaftsvertrag des Unternehmens den Übergang auf die Erben nicht zulässt, aber diese seien hier nicht behandelt.
Gibt es kein öffentliches Testament, benötigen die Erben einen Erbschein, um den Nachweis führen zu können, dass das Unternehmen übergegangen ist. Der Erbschein wird beim Nachlassgericht beantragt, das Verfahren dauert mindestens 6 – 8 Wochen.
Das ist der Grund, weswegen Steuerberater und Rechtsanwälte so dafür werben, dass der Unternehmer wenigstens für ausreichende Vollmachten für den Krankheits- oder Todesfall sorgt. Gibt es diese, kann das Unternehmen aufgrund der Vollmachten fortgeführt werden solange bis der Erbschein erteilt ist. Gibt es keine Vollmacht, wird es schwierig. Z.B. die Bank des Unternehmens wird in der Regel auf der Vorlage des Erbscheins (oder des Eröffnungsprotokolls eines öffentlichen Testaments) bestehen, bevor sie Verfügungen über die Konten des Erblassers zulässt.
Dann muss man improvisieren. Auch hier hilft es, Berater mit Erfahrung zu haben, mit denen gemeinsam die Erben auch in scheinbar ausweglosen Situationen Lösungen organisieren.
Zusammengefasst: Gibt es kein Testament und keine Vollmacht, bringt dies die Erben eines Unternehmens in eine schwierige Lage. Sie zahlen den Preis dafür, dass der Unternehmer nicht rechtzeitig in vorausschauende Gestaltung investiert hat.